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Warten Warten Warten... Auf was? Bis es dunkel ist, bis man schwarz wird? Auf bessere Zeiten - 2020 wird ein Super-Jahr (schlagzeilt die BLÖD-Zeitung)? Ach nä. Warten, auf den Krieg, auf den Bus, das Boot, um dranzukommen, im Wartezimmer zum Jenseits, in der Schlange, durchnummeriert, ausrangiert, noch nicht abkassiert? „In jener warmen Zwischenzeit, bevor der Sommer endet und der Herbst kommt“, wie bei Pessoa? Interim. In the Meantime = halfway between extremes; originally in music, "a tone intermediate between two other tones". Worauf ERIK MÄLZNERs Scherenschnitt-Oldtimer harrt, am Abend dreifüßig, vermittelt sich ohne Worte. Noch einmal frische Luft, auch wenn der Kuckuck ruft.
WARTEN IN DER ZWISCHENZEIT (NO EDITION # 123, DL/USB) vielsagend zu nennen, wäre euphemisch. Mit Midi-Keyboard, Synthesizer, Sampler und Computer gestaltet Mälzner eins, zwei, drei Stückchen Zwischenzeit, genauer: drei Brocken von 20 und mehr Minuten, noch einmal mit seinem ganz eigenen 'As Time Goes By', seinen fundamental things. A case of do or die. In fatalem Moll, mit morbidem Piano, Schlägen auf die Drahtharfe, kaskadisch verhallend, monoton durchwellt, bedröhnt, mit Zeitstürzen rückwärts, perkussiv befunkelt, mit kurzen Bogenstrichen als Kommas. Der Fall ist ernst, wie alles was der Fall ist. Die Akzente fallen im zweiten Satz gedämpfter, zögerlicher, aber doch noch von Wind-Chimes-Funken umrauscht und fast dramatischem Orchesterschwall, die löchrige Gegenwart bedongt, angepickt, zu Streichertremolo beknarrt von dunklen Bläsern. Ein Schiffswrack dröhnt als stählerne Klangskulptur, mit einem ebenso geisterhaften Andrang von Alarm. Prothesensymphonisch wie Tim Hodgkinson, aber eisenhaltig und elegisch. Im dritten Satz mit Orgelhalteton und sublim flimmernden Streichern, lange stehenden Wellen, sogar einem himmlischen Aaaaa aus Phantomkehlen. Die eiserne Zeit, mürbe geworden, Gongs dongen bronzenen Flor, säumen den Abend noch einmal golden. Ein Endspiel ohne Ende. Ein "Not today" als dröhnendes Adagio, das der Uhr die Zeit und dem Tod die Leich' stiehlt. Felice notte, uns Schädelblüten, abgefeimt. Und Schattenlaut auf tief vertraut, das hat ja schon der Benn gereimt.
rbd BAD ALCHEMY # 105, Germany
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