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 Dass BRAINGRAINHOTSPOT danach bei ZWEI BÜCHER (NO EDITION # 133, 
          DL/USB) sieben Kapitel und Verse aus 'Buch Aufbruch und Wiederkehr' 
          und sechs aus 'Buch Froufrou Hoch Zwei' text- und wortlos aufblättert, 
          mag verwundern, muss es aber nicht. Lediglich das Label ist bedruckt 
          mit einer alogischen Wortfolge, in der Adorno zwischen Banditen, Dandies 
          und Brahmanen patrouilliert. EM & JR, also Erik Mälzner & 
          Jürgen Richter für die später Gekommenen, gestalten das 
          mit Midi-Keyboard & Computer bzw. Midi-Keyboard, Sampler sowie akustischer 
          oder E-Gitarre in einem neoklassischen Cyberbarockstil. In einem schreitenden 
          und rhythmisch vorandrängenden Duktus, von künstlichen Blechbläsern 
          beknarrt, mit Fanfaren und himmlischen Chören. Groovy, wie es die 
          bezopften, gelb bestrumpften Zausel anno George Frideric Handel nicht 
          drauf hatten, aber auch für heutige Ohren maverick und allen gängigen 
          Moden abhold. Grillen- oder klapperschlangenberasselte Orgelflöten 
          sind aufgemischt mit postkolonialem Input, zerdehnt in zartbitterem 
          Moll, voller Zeitstürze und Verzerrungen, die den harmonischen 
          Tenor beugen. Die Melancholie der akustischen Gitarrenverse hat besonders 
          zu kämpfen mit Widerständen und widrigen Neologismen, aber 
          auch die Keys kommen immer wieder ins Stottern. Berstender Steinschlag 
          behindert den Verlauf und verstärkt die Tristesse dunkler Orgelcluster, 
          dissonanter E-Gitarrenklänge und vor Vibrato bebender Bläser. 
          Aufhalten lässt sich aber der von der krassen Gitarre lakonisch 
          kommentierte Klingklang nicht. 'Froufrou' hebt an mit einem pendelnden 
          (Ho!)-Ruf- & Antwortspiel und feierlicher Trompete. Der schreitende 
          Duktus aus klopfenden und plonkenden Tönen setzt sich fort in quarrenden 
          Schüben von Keys und von Fuzzbass, zu monotonem, gitarristisch 
          beflimmertem, von Beckenklang umsirrtem Piano und dem Ah und Oh eines 
          Chors. Die Bassschläge und die einzelnen Pianotöne ziehen 
          helle Fäden, knattrige und trillernde Spuren kreuzen, und es setzt 
          wieder die Trompete ein mit getragenen Stößen im Wechsel 
          mit schimmerndem Dröhnklang. Geht man so der Klangwelt an die Unterwäsche? 
          Bevor nochmal das Käuzchen ruft, gibt ein kleiner Stampftanz dem 
          Fortgang etwas mehr Zug, so dass die Klangbilder, die dröhnenden 
          Stöße, die stimmlichen Phantome einen schneller und gehäufter 
          streifen. Zuletzt erklingt aus Kapitel 6 der launig aufs Piano geklopfte 
          und metalloid angeschlagene Vers 27. Wer jetzt immer noch nicht hoch 
          zwei auf die Metaebene geliftet ist, dem fehlt dann wohl der Sinn dafür.
 
 rbd BAD ALCHEMY # 108, Germany
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