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rbd BAD ALCHEMY # 93 | |||||
Was bringt OR SO (No Edition # 96)? Eine tiefmelancholische, mahlersche 'Introduction'. Wieder ERIK MÄLZNERs typischen an einen Computer delegierten Sprechgesang, bestenfalls unaufgeregt, öfters schleppend angedunkelt. Zu dunklen Phantombläsern, knurrigem Computerbass, perkussivem Klingklang, kurzen Drummachineschüben. Musik wie aus einer desillusionierten Sitzposition zwischen Neubaugebieten ohne jegliche Atmosphäre und zerbröckelnden Ruinen. Umherlaufen / Singen und gegen die Wand rennen sind nur noch Entlastungshandlungen. Ein Lied in Abschiedsstimmung geht, brandungsumrauscht, so: Jahrelang hab ich damit zugebracht / das Meer zu beobachten / hab das Leuchtfeuer hell und klar brennen lassen / von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang / leistete verlässlich Navigationshilfe / war euer Wegweiser in der Dunkelheit / zwischen dem sicheren Land / und der angsteinflößenden Unendlichkeit des Meeres / habe ich eure Rückkehr in den Hafen sichergestellt / nun mache ich das Feuer aus / und mache mich auf die Suche / nach eurem Strandgut ('Custos Lucerne'). Ein stereoskopisch suchender Ruf der Sehnsucht vertieft nur das Enttäuscht- und Alleinsein: Wo bist du / wo bist du / du versteckst dich / eingebettet zwischen / zufällig verteilten Punkten / in der Differenz / zwischen Streifen / mein Blick geht ins Unendliche / in die Ferne / zwei Kilometer / fünfzig Kilometer / und noch viel weiter weg / Lichtjahre / ich sehe dich / ich sehe dich ('Sirds'). Launig wird die mangelnde Resonanz beklagt: Wünsche guten Morgen / gut geschlafen / erkunde das Befinden / na wie gehts / wünsche guten / Appetit / schmeckts / wünsche gute Nacht / schlaft schön / träumt was Schönes / aber ich bekomme / nie eine Antwort / morgen geh ich in den Stall / und beschwere mich ('Leerstelle') Aber juckt's einen Ochsen, wenn man ihn ins Horn pfetzt? Und es ist doch schon schwer und vergeblich genug. Gegenüber am anderen Ufer / sehe ich immer wieder Menschen / die mir ähnlich sind / Kopf oben / seitlich am Rumpf zwei Arme / und darunter zwei Beine / sie sitzen in der Sonne / spielen mit ihren Kindern / oder gehen einfach nur spazieren / nicht täglich aber immer mal wieder / habe ich versucht / mich bemerkbar zu machen / habe hinüber gewunken / manchmal auch gerufen / vergeblich / es hatte keinen Sinn ('In Vain'). Das zum Thema mit- und zwischenmenschliche Vergegnung. Und um zu zeigen, wie gut Mälzner sagt, was er sagt. Ist schon die Musik, gelinde gesagt, eigenartig, so ist seine Textebene nahezu einzigartig, ohne der Ästhetik einen Inhaltismus überzustülpen. Typisch dafür sind verstörende Bilder, wie Mälzner sie findet: Mädchen in Kaninchenmaske posiert auf der Straße... Architektin mit einem Fischkopf auf einem Teller... ein Gorilla bietet einem Mädchen ein Lesebuch an... zwei Brüder beide zurückgekehrt in den Irak nach dem sie Zeit in Deutschland verbracht hatten gehen auf einer Straße... Und nebenbei zerstört ein Erdbeben die Kumamoto-Festung (April 2016). Der entscheidende Unterschied zwischen ver- und zer-. Und einmal mehr der eminente zwischen solch beständig karl-sczuka-preiswürdiger, aber ignorierter Artistik und dem gehypten Hühnerklein. rbd BAD ALCHEMY # 93, Germany | index | |
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